“Naming Gaia is naming a question, but emphatically not defining the terms of the answer, as such a definition would give us, us again, always us, the first and last word. Learning to compose will need many names, not a global one, the voices of many peoples, knowledges, and earthly practices. It belongs to a process of multifold creation, the terrible difficulty of which it would be foolish and dangerous to underestimate but which it would be suicidal to think of as impossible. There will be no response other than the barbaric if we do not learn to couple together multiple, divergent struggles and engagements in this process of creation, as hesitant and stammering as it may be.” Isabelle Stengers, The Intrusion of Gaia, in: In Catastrophic Times: Resisting the Coming Barbarism, 2015.
Autor: Dirk Michael Hennrich
Habitar
Habitar. Dwell. Wohnen. Wort für die Übereinkunft aller unserer Bewegungen und Bestrebungen an einem bestimmten Ort, sei er innerlich oder äusserlich, für eine gewissen Zeit und auf eine gewisse Art und Weise. Der Mensch kann in sich wohnen und dabei seine Gedanken und Gefühle um einen ruhenden Punkt versammeln. Der Mensch kann einen Ort bewohnen und dabei seine Gewohnheiten und seinen Besitz in einem umfriedeten Gebiet, in einem Haus oder in einer Wohnung seinen Bedürfnissen entsprechend anordnen. Jedes wohnen ist ein Haben, aber nicht jedes Wohnen ist zugleich auch immer ein Besitzen.
Guerra
Guerra. War. Krieg. Verschiedene Worte, verschiedener Sprachen für das grosse Gesicht des Unheimlichen. Einst im klirrenden Einklang mit der Landschaft, Ereignis auf den Schlachtfeldern vor den Toren der Stadt, ausserhalb der Gemäuer oder vor den Festungen. Dann auch und zugleich die Zerstörung der bewohnten Gebiete, die Plünderung und Brandschatzung der Gehöfte, Dörfer, Burgen und Städte. Das Überwinden und Schleifen der Mauern und die totale Vernichtung des Gewohnten: die Zersetzung und Entsetzung der familiären und gesellschaftlichen Bindungen. Später noch immer mit dem selben Geist die grossflächige Verwüstung und Zerstörung des Natürlichen und des Kulturellen. Gigantische Gewalt der Verformung gesamter Landschaften. Auslöschung jeglicher Anzeichen von Leben und Umformung jeglicher geologischer und topographischer Erscheinungen. Verdun.

Landschaft des Krieges für immer aus ihrer ursprünglichen Form entsetzt. Hundertjähriges Beispiel für die grundlegende Umformung der Erde durch die Hand des Menschen. Der Krieg der Menschen gegen die Menschen nur als eine Form des Krieges der Menschen gegen die natürlichen Gegebenheiten. […]
Fotografia
Fotografia. Photography. Fotografie. Lichtbild der Aussenwelt mit dem Sinn jedes Bildes, die Aussenwelt als einen Teil der Innenwelt darzustellen. Erfindung die vor aller Technik bereits in die Wahrnehmung eingeschrieben war, wenn wir verstehen, dass jede Technik nur die Radikalisierung der natürlichen Erscheinungen, Bewegungen, Systeme und Empfindungen ist. Mit der Gestaltung der photographischen Apparatur und deren Gestaltung durch und mit der Ideologie der Zentralperspektive, zeigt sie sich als einfache Nachfolgerin der Landschaftsmalerei, wie hier bei Edward Steichen im Stil des Pictoralismus.

Doch die Fotografie ist eine andere Weise der Ansicht des Natürlichen, die einerseits alles Aufgenommene in ein Bild von Landschaft verwandelt, aber doch immer nur in der Nachahmung und Ahnung einer Landschaft bleibt. Nachgezeichnet ist hier die Stimmung, die eine Landschaft in einem bestimmten Rahmen zu einer bestimmten Zeit durchstimmt. Doch die Erfahrung der Landschaft ist ein Gehen, von dem nicht die Fotografie, sondern von der allein der fotografierende Flaneur erzählt.

Corpo
Corpo. Body. Körper. Wort für das sichtbare Leben allein. Idee der Gesamtheit der vitalen Funktionen und Ort an dem sich das Individuum als bestimmbare Erscheinung bündelt. Gegenstand der anatomischen Vernunft, zerteilbar und sezierbar bis ins kleinste Detail. Kartographiert wie die Oberfläche der Erde, Vermessen, Verzeichnet und Abgelichtet wie die vielen, abzählbaren Gegenstände der Geographie. Ebenso aber wie das geographisch erfasste Territorium, der von der geographischen Vernunft geortete und geordnete Raum, bleibt der Körper immer nur die Teilmenge eines umfassenden und unbestimmbaren Ganzen.

Der Körper, hier bei Andreas Vesalius in die Landschaft versetzt und als empfindsam dargestellt, ist ohne Vermögen von Empathie und Resonanz immer im schroffen Gegensatz zum Leib, der wie die Landschaft ein Uneinholbares ist. [Agamben]
Protegido: Burguesia
Protegido: Vento
Protegido: Caminho
Protegido: Paisagem
Animal
Animal. Animal. Tier. Das Wort für das Andere, am selben Ort befindlich wie das Eigene. Bezeichnung für das Sprachlose und zugleich wissentlich immer schon Gesamtheit aller sich aus sich selbst entwerfenden Lebewesen. Sprachlos nur im Hinblick auf das lärmende und alles überschallende Wirken der Menschen. Sprachlos gegenüber einer tauben und blinden Spezies, die in allem nur sich selbst versteht und sich aus der Gemeinsamkeit entbindet: zoon logon echon – animal rationale. Das Ausgestossene und das unter die Ordnung gestellte Leben, unterschieden in die Menge der nützlichen und der unützlichen Tiere, wobei das Tier im Menschen mit allen seinen verstörenden Anzeichen zu den Ausgestossenen gehört.

Im Selbstverstädnis dieser Lebensform, die sich vom Animalischen gereinigt wissen will, ist das Tier das weltarme, der Mensch aber das weltbildende Wesen, das im Zeitalter des Anthropozän die Welt, verstanden als Erde, nicht nur bewohnt, sondern auf grundlegende Weise umgetaltet [HEIDEGGER].